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Mystery Room: Gefangen in Shanghai

Unser Mitarbeiter Jaan Westphal war in China unterwegs. Er hat in Shanghai eine neue Attraktion, die vor allem bei jungen Leuten sehr beliebt ist, ausprobiert: Mystery Room.

Verfasst von Jaan Westphal

Eingesperrt in einem Büro. Irgendwo in Shanghai. Die Zeit - sechzig Minuten - ist abgelaufen. Laut kreischt die silberne Glocke und verkündet: Ihr habt verloren. Zu zweit stehen wir in dem verschlossenen Raum und warten, was jetzt passiert. Ich bin doch ein ehrlicher Mensch. Halte mich immer aus allem Ärger raus. Wie konnte es nur so weit kommen?

Ankunft in Shanghai

Einige Tage früher landet die Boing 747 am Shanghai-Pudong Airport. Meine große China Reise möchte ich mit einem Besuch bei meinem chinesischen Freund Liu starten. Er erwartet mich bereits am Flughafen, und, wie alte Freunde schwatzend, machen wir uns auf den Weg zu seiner Wohnung. Dort lebt er zusammen mit seinen Eltern unter einem Dach. Heiß und drückend strömt die sommerlich schwere Luft der Großstadt durch die automatischen Türen in den gekühlten Flughafen. Ich setze meinen ersten Schritt auf Shanghaier Boden. Ich habe diese Stadt sehr vermisst!

Nach einer kalten Dusche, einem Nickerchen und einem großzügigen chinesischen Abendessen kommt die große Überraschung: Heute Abend haben Liu und ich noch etwas vor. Was? Das sei schwer zu erklären. Aber eines steht fest: Alle drei amüsieren sich bereits köstlich darüber, dass ich keine Ahnung habe, was mich erwartet. Ist das gut? Ich lache verlegen. Wird schon!

Auf dem Weg zum Mystery Room

Wir fahren mit der Metro einige Stationen von der Damuqiao Road bis zum Zhongshan Park. Die Sonne ist bereits untergegangen und das Licht in der Metro scheint hell und weiß auf die vielen Fahrgäste. Die meisten jungen Chinesen spielen mit ihren Smartphones, ältere unterhalten sich miteinander oder achten darauf, dass ihre vollen Taschen nicht umfallen. Am Zhongshan Park angekommen steigen wir in einen Bus. Ich bin viel zu beschäftigt damit mein mühsam angelerntes Chinesisch in der Unterhaltung mit meinem Freund auf eine harte Probe zu stellen, um darauf zu achten, wo es hingeht. Liu wird es schon wissen…

Wir steigen aus und die Türen schließen sich mit einem leisen Zischen hinter uns. Es ist angenehm kühl und hell strahlen Straßenstände, Geschäftszeilen und Leuchtschilder ihre Botschaften in die Nacht. Obwohl es noch nicht spät ist, bin ich sicher: Diese Schilder werden die ganze Nacht lang leuchten und Shanghai schläft wohl niemals.

Wir bummeln noch ein Stück, dann kommen wir vor einem niedrigen Haus mit vernagelten Fenstern an. Was soll denn hier passieren? Ich sehe Liu erschrocken an, doch der grinst nur und betritt das Haus durch die schwere Brandschutz-Tür. Kurz stehe ich unentschlossen vor der Tür, doch ich folge ihm. Er ist doch mein Freund!

Eingesperrt in Shanghai

Drinnen angekommen sieht es anders aus als erwartet. Ein kleines Foyer, ein Empfang, ein wenig Grusel-Kulisse mit Plastik-Skeletten und Spinnenweben. Liu wechselt mit dem engagierten Mitarbeiter einige schnelle Worte, überreicht zwanzig Yuan und deutet mir, ihm und dem Mitarbeiter zu einer nahen Tür zu folgen.

Der junge Mann öffnet uns die Tür und bittet uns einzutreten. Ich betrete hinter Liu das dahinter liegende Büro. Ein aufgeräumter Schreibtisch, ein gut gefülltes Bücherregal, ein alter Sessel mit Stehlampe und Bildern an den Wänden. Noch immer bin ich nicht sicher was passieren soll, doch als ich mich umdrehe um den etwas aufgedrehten Mitarbeiter fragend anzusehen, schließt dieser gerade die Tür und ich höre, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wird.

Es ist ein Spiel, erklärt mir Liu und deutet auf eine digitale Anzeige an der Wand, an der nun 60 Minuten runterzählen. Wir müssen alle Rätsel in dem Raum lösen und ein massives Zahlenschloss mit 8 Positionen knacken. Dann können wir den Raum durch eine weitere Tür verlassen.

Das Spiel beginnt

Ich sehe ihn an. Das klingt super! Mit Feuereifer machen wir uns ans Suchen. Er durchsucht den Schreibtisch, öffnet alle Schubladen, verschiebt ihn um seine Rückwand zu untersuchen und krabbelt darunter um auch seinen Boden zu prüfen. Währenddessen mache ich mich am Bücherregal zu schaffen. Ein Buch nach dem anderen hole ich heraus, blättere es durch und lege es auf den Boden. Plötzlich: Eines der Bücher ist in Wirklichkeit ein kleiner Tresor. Mit einem aufgemalten Buchrücken war er in dem vollen Regal beinahe unsichtbar. Nun stehen wir vor einem weiteren Rätsel. Wir benötigen einen weiteren dreistelligen Zahlencode für den Tresor. Dazu kommen zwei Schlüssel, die Liu unter und hinter dem Tisch gefunden hat und drei mysteriöse Schachfiguren mit roten und schwarzen Füßen.

Noch fünf Minuten. Der Tresor ist geöffnet. Eine kaputte Uhr an der Wand lieferte die Stunden, Minuten und Sekunden, die als Nummern in das Schloss gespeist werden müssen. Darin liegt ein zusammengefaltetes Schachbrett. Mit Hilfe einer Notiz, versteckt hinter einem der Bilder, positionieren wir die Figuren auf dem Feld und lesen die Koordinaten ab. Diese können wir mit einer Tabelle, die sich in einer nur mit Geschick zu öffnenden Kiste unter dem Sessel befand, in Zahlen umwandeln und wir versuchen unser Glück an der Tür. Sie bleibt geschlossen.

Also folgen wir einer zweiten Fährte: Ein Schlüssel öffnet die verschlossene Tür am Schreibtisch, der Zweite eine Kiste darin. Das darin enthaltene Puzzle ist bis auf drei Stücke vollständig. Zwei weitere Teile haben wir in Büchern gefunden. So sehen wir nur einen 7 Stelligen Zahlencode. Die Sekunden laufen uns davon und wir versuchen die letzte Zahl auf gut Glück zu finden. Die sechzig Minuten sind abgelaufen. Laut kreischt die silberne Glocke und verkündet: Ihr habt verloren. Zu zweit stehen wir in dem verschlossenen Raum und warten, was jetzt passiert.

Ein Trostpreis: Die Auflösung der Rätsel, die wir noch nicht gelöst hatten und ein freundliches „vielleicht beim nächsten Mal“ bleiben uns als wir den Mystery Room verlassen. Wir spazieren durch die milde Shanghaier Sommernacht und unterhalten uns ausgelassen über die vergangene Stunde.

Spannendes Rätselspiel

Mystery Room - Ein spannendes Spiel mit wenigen Mitteln: Ein Raum voller Rätsel und Hinweise, eine tickende Uhr an der Wand und zwei Freunde, die fieberhaft suchen, grübeln und sich beratschlagen. Gerade diese richtige Mischung aus Spaß und Spannung, aus scheinbar unlösbaren Rätseln und gut verteilten Erfolgsgefühlen wird mir mit Sicherheit noch lange in Erinnerung bleiben. Shanghai – du überraschst mich immer wieder.

In Shanghai findet man mehrere Anbieter dieses Spiels – das wohl bekannteste ist das „Mr. X Mystery House“ in Huangpu (Building 1, 550 Jumen Lu, near Quxi Lu).

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